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... und dann ging es sehr schnell...
Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erließ im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 65 Satz 2 Nr. 2 der Zuständigkeitsverordnung (ZustV) folgende Allgemeinverfügung:
ein Betreuungsangebot in den unter Nr. 1 genannten Schulen und Einrichtungen zur Verfügung stellen, soweit und solange
Begründung:
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
Bei SARS-CoV-2 handelt es sich um einen Krankheitserreger im Sinn des § 2 Nr. 1 IfSG, der sich in Bayern derzeit stark verbreitet. In allen Regierungsbezirken wurden bereits Krankheits- und Ansteckungsverdächtige festgestellt.
Nach bisherigem Sachstand sind immer mehr Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen für Vorschulkinder in Bayern von der Krankheit COVID-19 betroffen. In den Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen besteht erhebliche Ansteckungsgefahr und die Gefahr der Fortsetzung entsprechender Infektionsketten.
Wenn bereits Infektionsketten in Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen oder Heilpädagogischen Tagesstätten bestehen, ist eine Ausbreitung dort nur noch schwer einzudämmen, ohne eine Schließung der betroffenen Einrichtung vorzunehmen.
Da nach der derzeitigen Datenlage von einem weiteren Anstieg der COVID-19 Fälle in Bayern auszugehen ist und die weitere geographische Ausbreitung wahrscheinlich wird, ist davon auszugehen, dass immer mehr Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen oder Heilpädagogische Tagesstätten betroffen sein werden.
Nach den bisherigen Erkenntnissen erkranken Kinder nicht schwer an COVID-19. Sie können aber ebenso wie Erwachsene, wahrscheinlich auch ohne Symptome zu zeigen, Überträger von SARS-CoV-2 sein.
Das Einhalten einer disziplinierten Hygieneetikette ist abhängig vom Alter und der Möglichkeit zur Übernahme von (Eigen-)Verantwortung und bedarf daher bei Kindern noch einer entwicklungsangemessenen Unterstützung durch Erwachsene. Diese Unterstützung kann in den Einrichtungen mit einer Vielzahl an betreuten Kindern seitens der Aufsichtspersonen nicht immer ununterbrochen sichergestellt werden. Vielmehr sehen die Räume in den Einrichtungen in aller Regel Rückzugsmöglichkeiten vor. Daher kann schon räumlich eine lückenlose Überwachung nicht immer gewährleistet werden.
Damit ist die Gefahr, dass sich Infektionen innerhalb von Schulen, Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen oder Heilpädagogischen Tagesstätten ausbreiten, besonders hoch. Somit ist zu erwarten, dass immer mehr Kinder Überträger von SARS-CoV-2 sein werden. Durch die infizierten Kinder erfolgt ein entsprechender Eintrag in die Familien und andere Lebensbereiche. Auf diesem Wege erfolgt sowohl ein weiterer Infektionsdruck auf die mittlere Altersgruppe (Erwerbstätige) als auch auf die vulnerablen, höheren Altersgruppen. Letztere gilt es nach dem derzeitigen Erkenntnisstand besonders zu schützen.
Aus den oben genannten Gründen ist zur Verlangsamung des Infektionsgeschehens in Bayern und zum Schutz vulnerabler Gruppen eine generelle Schließung der unter Nr. 1 dieser Anordnung genannten Einrichtungen bis zum 19. April 2020 (Ende der Osterferien) fachlich geboten. Dadurch werden infektionsrelevante Kontakte für insgesamt fünf Wochen unterbunden. Es soll erreicht werden, dass sich die Ausbreitung von COVID-19 verlangsamt. Durch eine Verzögerung der Ausbreitung kann zusätzlich eine stärkere Entkopplung von der Influenzawelle erreicht werden. Somit können die zu erwartenden schweren Erkrankungsfälle in der Bevölkerung über einen längeren Zeitraum verteilt und Versorgungsengpässe in den Krankenhäusern vermieden werden. Auch insofern dient die vorliegende Maßnahme dem Gesundheitsschutz.
Aus den genannten Gründen ist nach Abwägung aller relevanten Umstände die vorliegende, zeitlich befristete Anordnung verhältnismäßig und gerechtfertigt, um dem vorrangigen Gesundheitsschutz der Bevölkerung (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz) Rechnung zu tragen. Die Rechte und Interessen der Kinder und Jugendlichen, der Eltern und des Personals der Einrichtungen treten demgegenüber zurück. Die geänderten tatsächlichen Verhältnisse machen diese Allgemeinverfügung erforderlich.
Zu Nr. 1:
Zu Nr. 1.1:
Nach Nr. 1.1 entfallen an allen Schulen Bayerns der Unterricht und die sonstigen Schulveranstaltungen. Schülerinnen und Schüler sind von der persönlichen Anwesenheit am Unterricht und an jeglichen sonstigen schulischen Veranstaltungen befreit. Die Schulen können den Schülerinnen und Schülern digitale Angebote zur Verfügung stellen, um so den ausgefallenen Präsenzunterricht in gewissem Umfang zu kompensieren. Die genaueren Vorgaben wurden den Schulen durch das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus mit Schreiben vom 12.03.2020 übermittelt.
Nutzungen des Schulvermögens (insbesondere des Schulgebäudes) für schulfremde Zwecke (Art. 14 Abs. 3 Bayerisches Schulfinanzierungsgesetz) sind von dieser Regelung nicht betroffen. Hierüber entscheidet der zuständige Aufwandsträger. Zulässig ist daher auch die Nutzung des Schulgebäudes im Rahmen der Schuleinschreibungen an Grundschulen.
Die Lehrkräfte befinden sich weiterhin im Dienst. Gleiches gilt für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Schulverwaltung.
Zu Nr. 1.2:
Die Übertragungsgefahr in Kindertageseinrichtungen ist besonders hoch. Die obigen Ausführungen zum Infektionsrisiko gelten entsprechend. Diese Übertragungsgefahr betrifft die Kindertagespflege auch für den Fall, dass nur ein Kind betreut wird. Die Personensorgeberechtigten dürfen die betreffenden Kinder nicht in die Einrichtungen bringen und das Recht auf Betreuung gegenüber dem Träger oder der Tagespflegeperson geltend machen. Der Rechtsanspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII ist insoweit eingeschränkt.
Zu Nr. 1.3:
Auch am Staatsinstitut für die Ausbildung von Fachlehrern und am Staatsinstitut für die Ausbildung von Förderlehrern wird der Lehr- und Studienbetrieb eingestellt.
Zu Nr. 1.4:
Schülerinnen und Schüler, Kinder und Studierende dürfen die betreffenden Einrichtungen für die oben genannte Zwecke einschließlich der Mittagsbetreuung nicht betreten. Dies flankiert die Anordnung der Nrn. 1.1 bis 1.3.
Zu Nr. 2:
Aufgrund der besonderen behinderungsbedingten Bedarfe von Schülerinnen und Schülern mit schweren und mehrfachen Behinderungen sowie schulartspezifischen Besonderheiten insbesondere in der Schule für Kranke gelten für die hier genannten Schularten von Nr. 1 abweichende Vorgaben.
Zu Nr. 3:
Die Einrichtung der Betreuungsangebote ist erforderlich, um in Bereichen der kritischen Infrastruktur die Arbeitsfähigkeit der Erziehungsberechtigten, die sich andernfalls um die Betreuung ihrer Kinder kümmern müssten, aufrecht zu erhalten. Zu den Bereichen der kritischen Infrastruktur im Sinn dieser Allgemeinverfügung zählen insbesondere alle Einrichtungen, die der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung und der Pflege sowie der Behindertenhilfe, Kinder- und Jugendhilfe, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr (Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz), der Sicherstellung der öffentlichen Infrastrukturen (Telekommunikationsdienste, Energie, Wasser, ÖPNV, Entsorgung), der Lebensmittelversorgung und der Handlungsfähigkeit zentraler Stellen von Staat, Justiz und Verwaltung dienen. Durch diese Maßnahme wird das Ziel der Allgemeinverfügung – Eindämmung der Ausbreitung des COVID-19 – nicht konterkariert. Denn durch die strengen Einschränkungen werden deutlich weniger Schülerinnen und Schüler an die Schulen und Kinder in Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflegestellen oder Heilpädagogische Tagesstätten kommen. Somit ist die Einhaltung von Hygienevorschriften sowie Vorsichtsmaßnahmen deutlich erleichtert.
Die Betreuung an den Schulen erfolgt im Rahmen der regulären Unterrichtszeit, Mittagsbetreuung und Ganztagsangebote sind zu nutzen.
Zu Nr. 4:
Die Personensorgeberechtigten dürfen die betreffenden Kinder nicht in die Einrichtungen bringen und das Recht auf Betreuung gegenüber dem Träger oder der Tagespflegeperson geltend machen. Sie haben die sich aus Nr. 1 ergebenden Pflichten zu beachten. Der Rechtsanspruch auf Betreuung nach § 24 SGB VIII ist insoweit eingeschränkt.
Zu Nr. 5:
Die Bußgeldbewehrung der Maßnahme folgt aus § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG. Zuwiderhandlungen können nach § 74 IfSG strafbar sein. Die Anordnung stellt eine Maßnahme nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dar.
Zu Nr. 6:
Die Anordnung tritt am 16. März 2020 in Kraft. Die Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Die Allgemeinverfügung vom 6. März 2020, Az. 51f-G8000-2020/122-35, tritt mit Ablauf des 15. März 2020 außer Kraft.
gez.
Ruth Nowak
Ministerialdirektorin